Verhandlung am VGH München


Donnerstag, 19.11.2015 - 10 Uhr in München
Nach gut 1,5 stündiger Fahrt mit zwei Autos kamen wir - Manuel, Alexander, Angelika, Claudia, Peter und Andrea - in München an und waren gespannt was uns erwartet.
Dank Alexander und Manuel gab es per Facebook einen "Live-Ticker" aus dem Verhandlungssaal. und hier noch einmal zum Nachlesen:

Zusammenfassung der Verhandlung am VGH München

von Manuel Kreitschmann 

Um kurz nach 10.00 Uhr morgens eröffneten die drei Richter des 22. Senats die Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in München. In der letzten Instanz sind die Vertreter der Stadt Fürth, genauer gesagt, Oberbürgermeister Dr. Jung, Rechtsreferent Maier, Oberrechtsrätin Gawehns, Umweltingenieurin Lohfink und Verwaltungsoberinspektor Dienstbier anwesend. Auf der rechten Seite des Raumes nimmt der Kläger M. Schwalme neben seinem Anwalt Platz. Am Schreibtisch hinter dem Kläger stechen bekannte Gesichter ins Auge, Gastwirt Jens Gräser mit seinem Anwalt sowie Harald vom Pfeifndurla sind anwesend. Aufgrund des öffentlichen Interesses ist ebenfalls eine Abgesandte des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz anwesend. Von der „Wir sind die Gustavstraße“ Initiative nehmen sechs Personen inklusive mir im Raum Platz.

Die Richter konnten sich bereits durch zahlreiche Aktenberge vorab einen Überblick über die aktuelle Situation in Fürth machen, dennoch geht es in den ersten zwei Stunden der Verhandlung darum die aktuelle rechtliche und behördliche Situation aller betroffenen Gaststätten zu beleuchten. Die erste Frage des Vorsitzenden Rainer Schenk betrifft das Café Maxx, welches sich im Haus des Klägers befindet. Ironischerweise konnte der Kläger auf die Frage als was das Café genau konzessioniert ist, keine Antwort liefern. Rechtsreferent Maier konnte jedoch die genaue gaststättenrechtliche Nutzung vorbringen. Es werden die Genehmigungen sowie die Sondernutzungen der einzelnen Gaststätten abgefragt, vereinzelt treten kleinere Unstimmigkeiten in der aktuellen Nutzung zur Baugenehmigung auf, welche die Stadt auch einräumt, hierzu laufen zurzeit noch gesonderte Verfahren. Immer wieder finden sich Lücken die der Kläger versucht als Munition gegen die Stadt Fürth zu nutzen, so zum Beispiel auch die 2000 aufgehobene Sitzplatzbeschränkung des Pfeifndurla oder die befristete Mitbenutzung der Freifläche vor dem Grünen Baum.

Der Kläger schildert dem Gericht wieder und wieder, dass die Gastronomie viel zu viele Plätze und Tische durch die Stadt genehmigt bekommt. Dadurch kommt es zu einer „Übermäßigen Ballung und einer Störung durch Mengengelage“. Zudem wird sich nach Auffassung des Klägers nicht an die Sitzplatzbeschränkung gehalten. Rechtsreferent Maier trägt vor, dass die Anzahl der Sitzplätze durch Berechnung des davon ausgehenden Geräuschpegels (max. 60db) festgelegt wurden. Zudem fragt der Kläger besorgt wie weit diese Expansion der Plätze noch gehen soll, hat doch das Lokal „Wein und Mehr“ seine Plätze verdoppeln dürfen (von 6 Stühlen auf ganze 12 Stühle). Das Lärmgutachten wird durch die Richter angesprochen und ob die Verdoppelung denn TA Lärm konform sei. Die Umweltingenieurin Lohfink liefert dem Gericht die passende Erklärung, demnach wurde die Betriebszeit auf sechs Stunden reduziert was eine Reduzierung des Dezibelwertes um 3db nach sich zieht. Eine Verdopplung der Sitzplätze entspreche einem Anstieg des Wertes um 3db, somit ist das Ergebnis als neutral zu betrachten. Das Gutachten wird den Saal die nächsten 2 Stunden beschäftigen, für Laien ein schwieriger Abschnitt mit vielen messtechnischen Fragen an die Umweltingenieurin. Die Klägerseite intervenierte auch hier regelmäßig und behauptete, dass die Messparameter des Gutachtens falsch seien. Auch die Klägerseite hat ein Gutachten anfertigen lassen. Eine vom Kläger vorgeschlagene Halbierung aller Freischankflächen würde sich Lärmtechnisch mit lediglich ca. 3db bemerkbar machen. Herr Gräser gab aber zu bedenken, dass sich dann kleinere Gastronomen nicht mehr in der Straße halten könnten.

Der Kläger führt weiter an, dass er Schwierigkeiten hatte, seine 240qm Wohnung in der Gustavstraße zu vermieten und sich letztendlich mit einem geringeren Mietzins zufriedengeben muss, welcher deutlich unter dem gängigen Mietspiegel der Umgebung liegt. Die Medien haben potentielle Mieter mit Ihrer Berichterstattung abgeschreckt und somit sei es zu langem Leerstand gekommen. Laut Aussage des Klägers würden sich 100m weiter ein Mietzins von 13€ pro Quadratmeter erzielen lassen (Gelächter brach im Saal aus).

OB Dr. Jung sagte: „So ein Mietzins lasse sich vielleicht in den neu gebauten und hochwertigen Hopfengärten erzielen, aber niemals im Altstadtviertel.“ Auch Gräser hält einen Mietzins über 8€ für nicht realistisch. Das Problem bei der Vermietung sei mit der Individualität der Wohnung, dem Treppenhaus und der sehr großen Wohnfläche zu begründen. Dem Mieter des Klägers, welcher aus Hamburg hergezogen sei, war die Lärmsituation in der Gustavstraße angeblich nicht bekannt. An dieser Stelle fragte ich mich ob es nicht schon allein dem Anstand des Vermieters geschuldet ist, sich mit einem Mieter über das Umfeld der Wohnung zu unterhalten. In Sachen Anstand gab der Kläger vor Gericht aber ohnehin kein Vorbild ab, selbst die vorgeschriebene Sicherheitskontrolle im Eingangsbereich missachtete der Kläger und seine Frau und unterzog sich dieser Kontrolle nur unter Protest.

Nach bereits sieben Stunden Verhandlung versuchen die Richter weiterhin die Parteien auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die Klägerseite ist aber immer noch der Meinung kein Angebot oder Entgegenkommen der Stadt Fürth wahrgenommen zu haben. Die Forderungen der Klägerseite wurden von Stunde zu Stunde mehr, so fordert diese zum Beispiel ein Verbot von „Fußballfeiern“ nach Heimspielen der Spielvereinigung Greuther Fürth. Dr Jung erklärte dem Kläger darauf noch einmal den historischen Hintergrund der Gustavstraße und brachte ein, dass man die Fans nach einem Spiel nicht einfach aus einer Straße aussperren könne. Der Kläger machte weiterhin auch Dr. Jung verantwortlich, denn wenn sich ein Oberbürgermeister auf das Spielfeld stellt und an die Fans verkündet, dass er sich die Gustavstraße nicht nehmen ließe, sei es klar, dass es weiterhin Fans gibt die nach dem Spiel in der Gustavstraße feiern. Ebenfalls der Fürth Marathon ist ein Thema des Klägers, das Ruhebedürfnis ist nicht gegeben, wenn an diesem Tag 800 Menschen durch die Straße laufen. OB Dr. Jung konterte: „Waren es aber nicht Sie, der vor drei Jahren beim Marathon mit einer Buschtrommel am Straßenrand stand und die Läufer lautstark angefeuert hat?“ Auch die vier Verkaufsoffenen Sonntage seien dem Kläger ein Dorn im Auge, hier kontert Jung allerdings: „Wir haben in der Gustavstraße keine hundert Menschen an diesen Tagen, da es keine großen Geschäfte dort gibt.“ Auf Nachfrage des Klägers ob Dr. Jung wohl auch in der Gustavstraße wohne, da er das so gut beurteilen kann, erwidert Jung: „Ich kenn hald mei Stadt!“

Zunehmend kam mir die Verhandlung wie ein großer Pokertisch vor, nach und nach erhöhten sich die Einsätze der Stadt Fürth und Gastronomen. Die Kaffeebohne war bereit rund 60 Plätze im Innenhof in den „Pot“ zu werfen. Die Stadt Fürth zog mit einer möglichen Sperrzeitverkürzung unter der Woche und am Sonntag mit. Dem Kläger waren die Angebote allerdings „nicht sexy genug“, mit einer generellen Außen- und Innensperrzeit von 23 Uhr könnte er allerdings gut leben. Zudem soll die Stadt die Einhaltung der Zeiten und Auflagen besser und öfter kontrollieren. Auch die Einführung einer Sicherheitswache wird verhandelt, diese Idee findet auch Zuspruch von Seiten der Richter. Die Stadt Fürth sagt zu, dieses Thema mit der Polizei abzusprechen. Kurzzeitig hatten die Richter wohl das Gefühl, dass die Parteien einen kleinen Schritt aufeinander zu gingen, doch nach einigen weiteren Wortgefechten war klar, hier und heute wird sich keine Einigung ergeben. Die Stadt Fürth brachte nochmals zum Ausdruck, dass alles getan werde um die Gastronomie in der Gustavstraße zu erhalten, notfalls auch eine Änderung des Bebauungsplans in Betracht gezogen werden muss. Die Gustavstraße hat sich laut Dr. Jung prächtig entwickelt und beherbergt mittlerweile ein breites Spektrum an Anwohnern, darunter auch viele Gutverdiener. Die Straße ist und bleibt, genau wie die damit verbundene Gastronomie erhaltenswert!

Die Richter halten im Protokoll fest, dass es zu keiner Einigung der Parteien gekommen sei, das Gericht werde nach Durchsicht der Akten und Besprechen der Fakten ein Urteil innerhalb der nächsten 14 Tage treffen. Die Parteien bedanken sich bei den Richtern und bringen keine weiteren Anträge mehr vor. Um 19 Uhr schließt der Vorsitzende die Verhandlung. Auch wir sind erschöpft und versuchen ein Fazit zu formulieren. Sehr positiv ist uns aufgefallen, dass es eine Tendenz gibt, weg von der TA Lärm zu kommen. Mit Spannung fiebert wohl ganz Fürth dem Urteil entgegen.


Nur gemeinsam bringen wir unser Anliegen zum Ziel!
Gemeinsam stark - gemeinsam für die Gustavstraße!