Zusammenfassung
der Verhandlung
am
VGH München
von
Manuel
Kreitschmann
Um
kurz nach 10.00 Uhr
morgens
eröffneten die drei Richter des 22. Senats die Verhandlung vor
dem
Verwaltungsgerichtshof in München. In der letzten Instanz sind
die Vertreter
der Stadt Fürth, genauer gesagt, Oberbürgermeister
Dr. Jung, Rechtsreferent
Maier, Oberrechtsrätin Gawehns, Umweltingenieurin Lohfink und
Verwaltungsoberinspektor Dienstbier anwesend. Auf der rechten Seite des
Raumes
nimmt der Kläger M. Schwalme neben seinem Anwalt Platz. Am
Schreibtisch hinter
dem Kläger stechen bekannte Gesichter ins Auge, Gastwirt Jens
Gräser mit seinem
Anwalt sowie Harald vom Pfeifndurla sind anwesend. Aufgrund des
öffentlichen
Interesses ist ebenfalls eine Abgesandte des Bayerischen
Staatsministeriums für
Umwelt und Verbraucherschutz anwesend. Von der „Wir sind die
Gustavstraße“
Initiative nehmen sechs Personen inklusive mir im Raum Platz.
Die
Richter konnten sich
bereits
durch zahlreiche Aktenberge vorab einen Überblick
über die aktuelle Situation
in Fürth machen, dennoch geht es in den ersten zwei Stunden
der Verhandlung
darum die aktuelle rechtliche und behördliche Situation aller
betroffenen
Gaststätten zu beleuchten. Die erste Frage des Vorsitzenden
Rainer Schenk
betrifft das Café Maxx, welches sich im Haus des
Klägers befindet.
Ironischerweise konnte der Kläger auf die Frage als was das
Café genau
konzessioniert ist, keine Antwort liefern. Rechtsreferent Maier konnte
jedoch
die genaue gaststättenrechtliche Nutzung vorbringen. Es werden
die Genehmigungen
sowie die Sondernutzungen der einzelnen Gaststätten abgefragt,
vereinzelt
treten kleinere Unstimmigkeiten in der aktuellen Nutzung zur
Baugenehmigung
auf, welche die Stadt auch einräumt, hierzu laufen zurzeit
noch gesonderte
Verfahren. Immer wieder finden sich Lücken die der
Kläger versucht als Munition
gegen die Stadt Fürth zu nutzen, so zum Beispiel auch die 2000
aufgehobene Sitzplatzbeschränkung
des Pfeifndurla oder die befristete Mitbenutzung der
Freifläche vor dem Grünen
Baum.
Der
Kläger
schildert dem Gericht
wieder und wieder, dass die Gastronomie viel zu viele Plätze
und Tische durch
die Stadt genehmigt bekommt. Dadurch kommt es zu einer
„Übermäßigen Ballung und
einer Störung durch Mengengelage“. Zudem wird sich
nach Auffassung des Klägers nicht
an die Sitzplatzbeschränkung gehalten. Rechtsreferent Maier
trägt vor, dass die
Anzahl der Sitzplätze durch Berechnung des davon ausgehenden
Geräuschpegels
(max. 60db) festgelegt wurden. Zudem fragt der Kläger besorgt
wie weit diese
Expansion der Plätze noch gehen soll, hat doch das Lokal
„Wein und Mehr“ seine
Plätze verdoppeln dürfen (von 6 Stühlen auf
ganze 12 Stühle). Das Lärmgutachten
wird durch die Richter angesprochen und ob die Verdoppelung denn TA
Lärm
konform sei. Die Umweltingenieurin Lohfink liefert dem Gericht die
passende
Erklärung, demnach wurde die Betriebszeit auf sechs Stunden
reduziert was eine
Reduzierung des Dezibelwertes um 3db nach sich zieht. Eine Verdopplung
der
Sitzplätze entspreche einem Anstieg des Wertes um 3db, somit
ist das Ergebnis
als neutral zu betrachten. Das Gutachten wird den Saal die
nächsten 2 Stunden
beschäftigen, für Laien ein schwieriger Abschnitt mit
vielen messtechnischen
Fragen an die Umweltingenieurin. Die Klägerseite intervenierte
auch hier
regelmäßig und behauptete, dass die Messparameter
des Gutachtens falsch seien.
Auch die Klägerseite hat ein Gutachten anfertigen lassen. Eine
vom Kläger
vorgeschlagene Halbierung aller Freischankflächen
würde sich Lärmtechnisch mit
lediglich ca. 3db bemerkbar machen. Herr Gräser gab aber zu
bedenken, dass sich
dann kleinere Gastronomen nicht mehr in der Straße halten
könnten.
Der
Kläger
führt weiter an, dass
er Schwierigkeiten hatte, seine 240qm Wohnung in der
Gustavstraße zu vermieten
und sich letztendlich mit einem geringeren Mietzins zufriedengeben
muss,
welcher deutlich unter dem gängigen Mietspiegel der Umgebung
liegt. Die Medien
haben potentielle Mieter mit Ihrer Berichterstattung abgeschreckt und
somit sei
es zu langem Leerstand gekommen. Laut Aussage des Klägers
würden sich 100m
weiter ein Mietzins von 13€ pro Quadratmeter erzielen lassen
(Gelächter brach
im Saal aus).
Nach
bereits sieben
Stunden
Verhandlung versuchen die Richter weiterhin die Parteien auf einen
gemeinsamen
Nenner zu bringen. Die Klägerseite ist aber immer noch der
Meinung kein Angebot
oder Entgegenkommen der Stadt Fürth wahrgenommen zu haben. Die
Forderungen der
Klägerseite wurden von Stunde zu Stunde mehr, so fordert diese
zum Beispiel ein
Verbot von „Fußballfeiern“ nach
Heimspielen der Spielvereinigung Greuther
Fürth. Dr Jung erklärte dem Kläger darauf
noch einmal den historischen
Hintergrund der Gustavstraße und brachte ein, dass man die
Fans nach einem
Spiel nicht einfach aus einer Straße aussperren
könne. Der Kläger machte
weiterhin auch Dr. Jung verantwortlich, denn wenn sich ein
Oberbürgermeister
auf das Spielfeld stellt und an die Fans verkündet, dass er
sich die
Gustavstraße nicht nehmen ließe, sei es klar, dass
es weiterhin Fans gibt die
nach dem Spiel in der Gustavstraße feiern. Ebenfalls der
Fürth Marathon ist ein
Thema des Klägers, das Ruhebedürfnis ist nicht
gegeben, wenn an diesem Tag 800
Menschen durch die Straße laufen. OB Dr. Jung konterte:
„Waren es aber nicht
Sie, der vor drei Jahren beim Marathon mit einer Buschtrommel am
Straßenrand
stand und die Läufer lautstark angefeuert hat?“ Auch
die vier Verkaufsoffenen Sonntage
seien dem Kläger ein Dorn im Auge, hier kontert Jung
allerdings: „Wir haben in
der Gustavstraße keine hundert Menschen an diesen Tagen, da
es keine großen
Geschäfte dort gibt.“ Auf Nachfrage des
Klägers ob Dr. Jung wohl auch in der
Gustavstraße wohne, da er das so gut beurteilen kann,
erwidert Jung: „Ich kenn
hald mei Stadt!“
Zunehmend
kam mir die
Verhandlung
wie ein großer Pokertisch vor, nach und nach
erhöhten sich die Einsätze der
Stadt Fürth und Gastronomen. Die Kaffeebohne war bereit rund
60 Plätze im
Innenhof in den „Pot“ zu werfen. Die Stadt
Fürth zog mit einer möglichen
Sperrzeitverkürzung unter der Woche und am Sonntag mit. Dem
Kläger waren die
Angebote allerdings „nicht sexy genug“, mit einer
generellen Außen- und
Innensperrzeit von 23 Uhr könnte er allerdings gut leben.
Zudem soll die Stadt
die Einhaltung der Zeiten und Auflagen besser und öfter
kontrollieren. Auch die
Einführung einer Sicherheitswache wird verhandelt, diese Idee
findet auch
Zuspruch von Seiten der Richter. Die Stadt Fürth sagt zu,
dieses Thema mit der
Polizei abzusprechen. Kurzzeitig hatten die Richter wohl das
Gefühl, dass die
Parteien einen kleinen Schritt aufeinander zu gingen, doch nach einigen
weiteren Wortgefechten war klar, hier und heute wird sich keine
Einigung
ergeben. Die Stadt Fürth brachte nochmals zum Ausdruck, dass
alles getan werde
um die Gastronomie in der Gustavstraße zu erhalten, notfalls
auch eine Änderung
des Bebauungsplans in Betracht gezogen werden muss. Die
Gustavstraße hat sich
laut Dr. Jung prächtig entwickelt und beherbergt mittlerweile
ein breites
Spektrum an Anwohnern, darunter auch viele Gutverdiener. Die
Straße ist und
bleibt, genau wie die damit verbundene Gastronomie erhaltenswert!
Die
Richter halten im
Protokoll
fest, dass es zu keiner Einigung der Parteien gekommen sei, das Gericht
werde
nach Durchsicht der Akten und Besprechen der Fakten ein Urteil
innerhalb der
nächsten 14 Tage treffen. Die Parteien bedanken sich bei den
Richtern und bringen
keine weiteren Anträge mehr vor. Um 19 Uhr schließt
der Vorsitzende die
Verhandlung. Auch wir sind erschöpft und versuchen ein Fazit
zu formulieren.
Sehr positiv ist uns aufgefallen, dass es eine Tendenz gibt, weg von
der TA
Lärm zu kommen. Mit Spannung fiebert wohl ganz Fürth
dem Urteil entgegen.